A review by kroppzeugvertilger
Silja die Magd by Frans Emil Sillanpää

4.0

Es lohnt sich doch immer mal wieder, (im übertragenen Sinne) den elterlichen Dachboden zu durchwühlen. So geschehen vor etlichen Jahren, fiel mir dereinst Silja, die Magd vom finnischen Literatur-Nobelpreisträger Frans Eemil Sillanpää in die Hände. Nach zig weiteren Lenzen schaffte ich es dieser Tage endlich, mich dem erdverbunden betitelten Werk zu widmen.

Es dauerte nur wenige Seiten, bis mich vor allem die heuer freilich altertümlich anmutende Sprache konkret eingenommen hatte. Denn interessanterweise bleibt trotzdem alle Zugänglichkeit erhalten, wodurch ein wundervoller Lesefluss entsteht. Ein paar Seiten weiter, fiel mir dann auch bald auf, woran mich das Buch schon bald nach Beginn der Lektüre erinnerte: Frühes 20. Jahrhundert, Skandinavien, Bauernmilieu? Natürlich, Knut Hamsun's unerreichtes Meisterwerk Segen der Erde!

Ähnlich wie sein weitaus bekannteres Bruderstück aus Norwegen weiß Silja, die Magd mit einem existentialistischen Blick auf das einfache, nicht notwendigerweise romantisierte Leben zu ergreifen, auch wenn Sillanpää's Motive freilich andere sind. Der eher dem linken politischen Flügel zugeneigte Finne stellt die Rolle der Magd mit all ihrem Leid und ihren Entbehrungen in den Vordergrund. Der Bauernstand wird als ambivalentes Konstrukt gezeichnet, das sich nicht als Spielball von Natur, Bürgertum und Krieg (hier: Finnischer Bürgerkrieg, 1918) erkennen will und in seinem Mangel an Reflexion dazu neigt, seine eigene Degeneration voranzutreiben.

Was hier Ursache des Verfalls ist, ist die Unzulänglichkeit des Menschen selbst, nicht die große Stadt, welche einer vermeintlichen Reinheit des bäuerlichen Lebens gegenübersteht. Es gibt keine Reinheit bei Sillanpää, sodass sogar die Liebe kein Heilung mit sich führt. Im Gegenteil.

Fern jeder Verklärung und mit subtiler Gesellschaftskritik ist Silja, die Magd ein irgendwie typisch skandinavisches Werk, das mit seiner wundervollen Sprache begeistert und mit seinem Realismus fesselt. Sillanpää schlägt sich, wenn überhaupt - und das ist gut so - auf die Seite seiner Charaktere, nicht auf die einer bestimmten Klasse oder politischen Gruppierung. Dies lässt den Leser ungemein nahe an die handelnden Personen rücken und das bäuerliche Umfeld erstaunlich authentisch miterleben.

Silja, die Magd ist ein tolles Buch aus der wohl großartigsten Epoche skandinavischer Literatur. Für mich ist es zudem ein sehr frühes Highlight des noch jungen Jahres 2017 und der Beginn eines ganz gewiss anhaltenden Interesses an Silanpää's Gesamtwerk.