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A review by kroppzeugvertilger
Hotel der Schlaflosen by Ralf Rothmann
4.0
Beim mehr oder weniger alltäglichen Laufen im Treptower Park oder der Rummelsburger Bucht hat's sich mittlerweile etabliert, dass ich, statt Musik, den - mit Verlaub - fantastischen Deutschlandradio-Podcast Lesart höre. Ein werktägliches Magazin, das sich - Überraschung - mit aktuellen Buchveröffentlichungen beschäftigt und dabei zu gleichen Teilen tagespolitische Themen und entsprechende Releases wie auch Klassiker abhandelt.
Vor knapp acht Jahren las ich Rothmann's Milch und Kohle, welches mir als äußerst angenehm in Erinnerung geblieben ist. Da wurde ich freilich hellhörig, als es bei der Lesart plötzlich hieß, Rothmann hätte ein neues Buch veröffentlicht.
Kurzgeschichten oder Erzählungen reizen mich normalerweise gar nicht; das prosaische Schinkenformat ist mir eigentlich viel lieber, da hier sowas wie ein Beziehungszwang zum Werk besteht: Man muss Zeit investieren, um Glück spürbar zu machen (das trifft natürlich nich' auf den Zauberberg zu, ganz klar, haha), daher bin ich bei erwähnten Formaten grundsätzlich sehr skeptisch. Rothmann allerdings kann diese im Umfang stark limitierte Spielart der Erzählung ganz vorzüglich!
Egal, ob es ein Tagesausschnitt des Potts der 80er, ein unmoralisch-romantischer Roadtrip in Südamerika oder die Beschreibung des Aktes einer Pferdekopulation auf dem Bauernhof ist; Rothmann schafft es meisterhaft, allem ein - mal mehr, mal weniger - poetisches Timbre zu verleihen, den Ernst des Moments in aller Radikalität zur Schau zu stellen und beweist damit ein Höchstmaß an literarischer Finesse. Der erschütternde Realismus, Naturalismus, die schiere Vehemenz des Echten, die es an bestimmten Stellen (ganz gewiss) aller hier gesammelten Erzählungen zu finden gibt, ist wahrhaft schwindelerregend, begeisternd, groß!
Es ist also immer noch das Format, das mich etwas verhalten zurücklässt: Einerseits lädt der flüchtige Exkurs zu höchstem literarischen Genuss ein, andererseits sind die Stücke selbst so kurz und intensiv, dass langfristig wenig mehr als eine gewisse naive Wehmut bleibt. Um die obig verwendete Metapher der zwischenmenschlichen Beziehung nochmal aufzutun: Rothmann's Erzählungen haben zweifelsfrei ein inherent-orgasmisches Moment.
Natürlich muss ich hier eine klare Empfehlung aussprechen, denn Rothmann gehört ganz gewiss zur Speerspitze der deutschsprachigen Erzählerelite. Völlig egal, ob das der Waschzettel im Buch gleichermaßen behauptet oder das Deutschlandradio ein Feature macht. Wenn der Herr es schaffen sollte, mich anno 2021 auf Romanlänge (nochmal und/oder) auf ähnliche Weise zu begeistern, wird er sich wohl oder übel in den Reihen meiner Großen, zwischen Hamsun, Bernhard und Neumann, wiederfinden müssen. Famos!
Vor knapp acht Jahren las ich Rothmann's Milch und Kohle, welches mir als äußerst angenehm in Erinnerung geblieben ist. Da wurde ich freilich hellhörig, als es bei der Lesart plötzlich hieß, Rothmann hätte ein neues Buch veröffentlicht.
Kurzgeschichten oder Erzählungen reizen mich normalerweise gar nicht; das prosaische Schinkenformat ist mir eigentlich viel lieber, da hier sowas wie ein Beziehungszwang zum Werk besteht: Man muss Zeit investieren, um Glück spürbar zu machen (das trifft natürlich nich' auf den Zauberberg zu, ganz klar, haha), daher bin ich bei erwähnten Formaten grundsätzlich sehr skeptisch. Rothmann allerdings kann diese im Umfang stark limitierte Spielart der Erzählung ganz vorzüglich!
Egal, ob es ein Tagesausschnitt des Potts der 80er, ein unmoralisch-romantischer Roadtrip in Südamerika oder die Beschreibung des Aktes einer Pferdekopulation auf dem Bauernhof ist; Rothmann schafft es meisterhaft, allem ein - mal mehr, mal weniger - poetisches Timbre zu verleihen, den Ernst des Moments in aller Radikalität zur Schau zu stellen und beweist damit ein Höchstmaß an literarischer Finesse. Der erschütternde Realismus, Naturalismus, die schiere Vehemenz des Echten, die es an bestimmten Stellen (ganz gewiss) aller hier gesammelten Erzählungen zu finden gibt, ist wahrhaft schwindelerregend, begeisternd, groß!
Es ist also immer noch das Format, das mich etwas verhalten zurücklässt: Einerseits lädt der flüchtige Exkurs zu höchstem literarischen Genuss ein, andererseits sind die Stücke selbst so kurz und intensiv, dass langfristig wenig mehr als eine gewisse naive Wehmut bleibt. Um die obig verwendete Metapher der zwischenmenschlichen Beziehung nochmal aufzutun: Rothmann's Erzählungen haben zweifelsfrei ein inherent-orgasmisches Moment.
Natürlich muss ich hier eine klare Empfehlung aussprechen, denn Rothmann gehört ganz gewiss zur Speerspitze der deutschsprachigen Erzählerelite. Völlig egal, ob das der Waschzettel im Buch gleichermaßen behauptet oder das Deutschlandradio ein Feature macht. Wenn der Herr es schaffen sollte, mich anno 2021 auf Romanlänge (nochmal und/oder) auf ähnliche Weise zu begeistern, wird er sich wohl oder übel in den Reihen meiner Großen, zwischen Hamsun, Bernhard und Neumann, wiederfinden müssen. Famos!