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A review by kroppzeugvertilger
Der Zauberberg by Thomas Mann
2.0
Ha! Haha! Hahaha! ... Ich habe dich besiegt, Thomas! Du hast mich herausgefordert und ich habe dich überdauert! Nicht du mich, ICH Dich!
¯\_(ツ)_/¯
So oder so ähnlich könnte man die Retrospektive auf den Zauberberg einerseits, andererseits aber auch - lassen Sie mich just sinnieren - den letzten Hassbrief an die ins Aether geschleuderte Jugendliebe beginnen. Und unzählige Seelen da draußen empfinden ähnlich, juchei!
Kurz und knapp: Nach etwa 100 Seiten dieser endlosen, weitestgehend handlungsfreien Faselei, fühlte ich mich persönlich herausgefordert. Mann zettelte einen Krieg an; als neurotischer Ausleser musste (!) ich darauf anspringen. Bedauerlicherweise, denn Der Zauberberg ist Gewäsch. Pures, reines, prätentiöses Gewäsch. Phoney-Gewäsch.
Mann verwurstet irgendwo im Gemenge Kommunismus, Militarismus, schlichter post-industrieller Wohlstandshypochondrie und revolutionärem Humanismus (blabla summa Existenzialismus) so ziemlich jeden unausgegorenen Funken Ideal, der sich seinerzeit im Gutbürgertum und fortschrittlichen Adel hat finden lassen. Das is' thematisch freilich höchst interessant, gar keine Frage. Aber die Umsetzung ist ...
Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer: Der Zauberberg wird (nicht erst seit, but shame on you: Marcel!) als zentrales Meisterwerk der deutschsprachigen Weltliteratur verstanden. Das is' natürlich Unfug! Denn Der Zauberberg ist Mist. Natürlich haben die einzelnen Komplexe enorm viel Gehalt. Und natürlich lässt sich deren Gehalt auch hervorragend auseinandernehmen. Aber wenn ein Geneigter gesellschafts-, ego- oder politphilosophische Unenden auseinanderklamüsern will, greift er oder sie zu Hegel, Nietzsche, Marx oder Thoreau. Nicht Mann. Und just als mir dieser Gedanke während der Lektüre einfuhr, wusste ich, weshalb man das Teil "Bildungsroman" nennt: Weil es von und für eine bildungsbürgerliche Elite geschrieben wurde. Mit der nötigen betonlinken (heuer: liberalen) Phantasie, kann man sich vorm inneren Auge quasi de façon imagée vorstellen, wie sich dieser Backstein an Buch an den Ellenbogen des jungen Gecken schmiegt, während er am St. Helena nippt ... Pah!
Die Sprache ist - und das muss man Mann gewiss zugestehen - Kunst. Im wahrsten Sinne, denn so langweilig und perfide-dröge dieses Werk auch ist, an seiner sprachlichen Finesse wird sich kaum etwas messen lassen können. Wenig verwunderlich, Thomas hat 14 Jahre dafür gebraucht: Jedes einzelne Wort ist mit seperatistisch-präzisem Instrument aufgenommen und niedergesetzt worden; jedes auch nur allzu unscheinbare Prädikat hat seine ureigenste Bestimmung. Das, mit Verlaub, ist höchst beeindruckend!
Dieses Buch wurde also mit der glühenden Kneifzange geschrieben, wandelt zuweilen in barocken Sphären (ohne je an metaphorischer Klasse zu gewinnen), übersteigert sich dabei in der eigenen Kunstfertigkeit und ist schlussendlich nicht mehr nur kunstvoll, nicht mal mehr künstlich, sondern einfach nur noch uninteressant. Retorte.
Der gemeine Literaturkanon begreift den Zauberberg als Satire aufs Bürgertum. Die Satire lebt aber von der Polemik, die wiederum klare Grenzen nach oben ziehen muss, um sich überhaupt verorten und entsprechend wirken zu können. - Mann's vermeintlich satirischer Blick auf die eigene Klasse ist zwar höchst detailliert, bleibt aber immer auch oberflächlich. Das verurteilende Moment gelingt ihm nicht. Integrität bleibt halt immer Integrität.
Abseits des ganzen Meta-Firlefanzes, sollte man ggf. die Leshaftigkeit (sprich: den Unterhaltungswert) erwähnen, auf den reinen Leseprozess, Genuss eingehen: Nicht vorhanden. Öde, fad, ereignislos. Föderödnislös. Es passiert ja auch nix. Zwanzig oder mehr feudale Leute, 'ne feudale Hütte. Was willste erwarten? Aber selbst Castorp, als zentraler Charakter, ist so nichtssagend, so bieder-deutsch und lahmarschig, ja, uninteressant, es bleibt wenig über ...
Mir ist, glaube ich, schon im weitesten Sinne klar, dass das Werk vorrangig auf der Metaebene funktionieren soll. Die herausgeforderte Langmut ist allerdings genau so Programm, wie die darauf folgende zynische Ermattung. Aber wenn auf der Umschlagseite sowas steht wie "[...] die besondere Machart des Buches seine Komposition, bringt es mit sich, daß das Vergnügen des Lesens sich beim zweiten Mal [...]" usw. usf. - Was dem Fischer Verlag als künstlerisches Selbstverständnis gereicht(e), ist die schlimmste Anbiederung an den Leser (vulgo: Konsumenten) in Anbetracht dieser faktischen Zumutung,die mir je unterkam.
Es gibt zwischen in sich griffigen Dialogen mit hinreißender sprachlicher Finesse und teils famos witzigen Kniffen so unendlich viel Hohlraum, so viel unendliche Leere, faktische Handlungsleere, echte, greifbare Handlungslosigkeit, dass ich (ausdrücklich) niemandem außer beinharten Literaturwissenschaftlern diesen - für sich genommen - Schmonses nahelegen würde.
Wir landen quasi am Anfang: Die Welt hat sich nach dem Zauberberg nicht überholt, ich fühle mich nicht erleuchtet, sowieso nich' geläutert, ha, sondern ernüchtert. Ich empfinde so etwas wie Fremdscham. Weil ich etwas Großes, etwas Elementares erwartet hatte. Den missing link zur universellen Durchdringung, den Flokati im Foyer Ranicki’schen Literaturverständnisses. - Nix da.
Nun, ich hab ihn hinter mir. Ich habe ihn erklommen, besiegt und hinter mir gelassen. Den Zauberberg. Per aspera ad astra, also? Leider nein. Ist das Weltliteratur? Leider ja.
(PS: Zum ersten Mal seit Jahren, hatte ich mal wieder ein paar Notizen beim Lesen gemacht. Die müssen hier freilich nich' alle ausstrapaziert werden. Deshalb schlicht die Schmissigste:
Bildungsroman? - Meh. - Einbildungsroman? - Voll.)
¯\_(ツ)_/¯
So oder so ähnlich könnte man die Retrospektive auf den Zauberberg einerseits, andererseits aber auch - lassen Sie mich just sinnieren - den letzten Hassbrief an die ins Aether geschleuderte Jugendliebe beginnen. Und unzählige Seelen da draußen empfinden ähnlich, juchei!
Kurz und knapp: Nach etwa 100 Seiten dieser endlosen, weitestgehend handlungsfreien Faselei, fühlte ich mich persönlich herausgefordert. Mann zettelte einen Krieg an; als neurotischer Ausleser musste (!) ich darauf anspringen. Bedauerlicherweise, denn Der Zauberberg ist Gewäsch. Pures, reines, prätentiöses Gewäsch. Phoney-Gewäsch.
Mann verwurstet irgendwo im Gemenge Kommunismus, Militarismus, schlichter post-industrieller Wohlstandshypochondrie und revolutionärem Humanismus (blabla summa Existenzialismus) so ziemlich jeden unausgegorenen Funken Ideal, der sich seinerzeit im Gutbürgertum und fortschrittlichen Adel hat finden lassen. Das is' thematisch freilich höchst interessant, gar keine Frage. Aber die Umsetzung ist ...
Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer: Der Zauberberg wird (nicht erst seit, but shame on you: Marcel!) als zentrales Meisterwerk der deutschsprachigen Weltliteratur verstanden. Das is' natürlich Unfug! Denn Der Zauberberg ist Mist. Natürlich haben die einzelnen Komplexe enorm viel Gehalt. Und natürlich lässt sich deren Gehalt auch hervorragend auseinandernehmen. Aber wenn ein Geneigter gesellschafts-, ego- oder politphilosophische Unenden auseinanderklamüsern will, greift er oder sie zu Hegel, Nietzsche, Marx oder Thoreau. Nicht Mann. Und just als mir dieser Gedanke während der Lektüre einfuhr, wusste ich, weshalb man das Teil "Bildungsroman" nennt: Weil es von und für eine bildungsbürgerliche Elite geschrieben wurde. Mit der nötigen betonlinken (heuer: liberalen) Phantasie, kann man sich vorm inneren Auge quasi de façon imagée vorstellen, wie sich dieser Backstein an Buch an den Ellenbogen des jungen Gecken schmiegt, während er am St. Helena nippt ... Pah!
Die Sprache ist - und das muss man Mann gewiss zugestehen - Kunst. Im wahrsten Sinne, denn so langweilig und perfide-dröge dieses Werk auch ist, an seiner sprachlichen Finesse wird sich kaum etwas messen lassen können. Wenig verwunderlich, Thomas hat 14 Jahre dafür gebraucht: Jedes einzelne Wort ist mit seperatistisch-präzisem Instrument aufgenommen und niedergesetzt worden; jedes auch nur allzu unscheinbare Prädikat hat seine ureigenste Bestimmung. Das, mit Verlaub, ist höchst beeindruckend!
Dieses Buch wurde also mit der glühenden Kneifzange geschrieben, wandelt zuweilen in barocken Sphären (ohne je an metaphorischer Klasse zu gewinnen), übersteigert sich dabei in der eigenen Kunstfertigkeit und ist schlussendlich nicht mehr nur kunstvoll, nicht mal mehr künstlich, sondern einfach nur noch uninteressant. Retorte.
Der gemeine Literaturkanon begreift den Zauberberg als Satire aufs Bürgertum. Die Satire lebt aber von der Polemik, die wiederum klare Grenzen nach oben ziehen muss, um sich überhaupt verorten und entsprechend wirken zu können. - Mann's vermeintlich satirischer Blick auf die eigene Klasse ist zwar höchst detailliert, bleibt aber immer auch oberflächlich. Das verurteilende Moment gelingt ihm nicht. Integrität bleibt halt immer Integrität.
Abseits des ganzen Meta-Firlefanzes, sollte man ggf. die Leshaftigkeit (sprich: den Unterhaltungswert) erwähnen, auf den reinen Leseprozess, Genuss eingehen: Nicht vorhanden. Öde, fad, ereignislos. Föderödnislös. Es passiert ja auch nix. Zwanzig oder mehr feudale Leute, 'ne feudale Hütte. Was willste erwarten? Aber selbst Castorp, als zentraler Charakter, ist so nichtssagend, so bieder-deutsch und lahmarschig, ja, uninteressant, es bleibt wenig über ...
Mir ist, glaube ich, schon im weitesten Sinne klar, dass das Werk vorrangig auf der Metaebene funktionieren soll. Die herausgeforderte Langmut ist allerdings genau so Programm, wie die darauf folgende zynische Ermattung. Aber wenn auf der Umschlagseite sowas steht wie "[...] die besondere Machart des Buches seine Komposition, bringt es mit sich, daß das Vergnügen des Lesens sich beim zweiten Mal [...]" usw. usf. - Was dem Fischer Verlag als künstlerisches Selbstverständnis gereicht(e), ist die schlimmste Anbiederung an den Leser (vulgo: Konsumenten) in Anbetracht dieser faktischen Zumutung,die mir je unterkam.
Es gibt zwischen in sich griffigen Dialogen mit hinreißender sprachlicher Finesse und teils famos witzigen Kniffen so unendlich viel Hohlraum, so viel unendliche Leere, faktische Handlungsleere, echte, greifbare Handlungslosigkeit, dass ich (ausdrücklich) niemandem außer beinharten Literaturwissenschaftlern diesen - für sich genommen - Schmonses nahelegen würde.
Wir landen quasi am Anfang: Die Welt hat sich nach dem Zauberberg nicht überholt, ich fühle mich nicht erleuchtet, sowieso nich' geläutert, ha, sondern ernüchtert. Ich empfinde so etwas wie Fremdscham. Weil ich etwas Großes, etwas Elementares erwartet hatte. Den missing link zur universellen Durchdringung, den Flokati im Foyer Ranicki’schen Literaturverständnisses. - Nix da.
Nun, ich hab ihn hinter mir. Ich habe ihn erklommen, besiegt und hinter mir gelassen. Den Zauberberg. Per aspera ad astra, also? Leider nein. Ist das Weltliteratur? Leider ja.
(PS: Zum ersten Mal seit Jahren, hatte ich mal wieder ein paar Notizen beim Lesen gemacht. Die müssen hier freilich nich' alle ausstrapaziert werden. Deshalb schlicht die Schmissigste:
Bildungsroman? - Meh. - Einbildungsroman? - Voll.)