A review by kroppzeugvertilger
Ausweitung der Kampfzone by Michel Houellebecq

3.0

Okay, so liest sich also ein sogenanntes "Kultbuch der Gegenmoderne". Das meinte dereinst jedenfalls Die Zeit. Hat das so eigentlich jemals jemand bestätigt?

Egal. Ausweitung der Kampfzone hat gewiss seine Qualitäten. Es ist nur so, dass es irgendwie wenig revolutionär anmutet, wenn man zwei Drittel des Buches den Betrachtungen eines schlicht ziemlich arroganten Arschlochs folgt, um dann im letzten Drittel festzustellen, dass er depressiv ist. Hatten wir das Motiv des Zerbrechens an der jeweils aktuellen Gesellschaft, oder gar dem jeweils vorherrschenden Zeitgeist, nicht schon zuvor mehrere Male?

Auch egal. In seiner Kompaktheit liest sich Houellebecq's Debüt-Roman ziemlich gut, ganz gleich, ob man sich mit dem Ich-Erzähler identifizieren kann oder nicht. Abseits Houellebecq's eher gespaltener Reputation, muss man ihm zweifelsfrei Talent attestieren. Nun gut, umsonst hat er's seitdem wohl auch kaum in viele renommierte Medienformate geschafft.

Ich will das augenscheinlich hinzugedichtete Unikum in Ausweitung der Kampfzone jedoch nicht sehen. Viel zu eindimensional, viel zu plakativ wird sich mit der vermeintlich natürlichen Funktionsweise einer menschlichen Beziehung auseinandergesetzt. Ständig denkt man während der Lektüre, Houellebecq hätte sein zweifelsfrei horrendes philosophisches Potential nicht ausgeschöpft. So bleibt die Beschreibung der titelgebenden Kampfzone ein lediglich polemisch aufgegriffener Ideenfetzen, der mehr Ausführlichkeit verdient hätte. Mehr Objektivität, mehr Differenzierung. Ja, das Leben ist nur Sex und Ökonomie. Es wird jedoch nicht klar, dass genau dieser Zivilisationszustand überwunden werden sollte.
Was bleibt, ist folglich lediglich ein "Kultbuch" für unreflektierte Zyniker. Für Leute die denken, sie hätten alle weltlichen wie spirituellen Zusammenhänge durchschaut, nur um darüber lachen zu können. Leute also, derer es Millionen da draußen gibt. Leute, die jede philosophische Idee, jede gesellschaftliche Entwicklung, die ihrer vermeintlich individuellen Perspektive nicht entspricht, ausselektieren und verneinen. Genau wie der Ich-Erzähler, der nicht reflektiert, sondern verurteilt.

Ich kann demnach durchaus verstehen, weshalb viele Kritiker diesen Roman in erster Linie autobiographisch lesen (wollen). Das spielt jedoch keine Rolle, denn Houellebecq's in Ausweitung der Kampfzone ausgesuchte Betrachtungsweise der Moderne ist durchaus ansprechend. Sie ist nur schlicht nicht überzeugend.