A review by kroppzeugvertilger
Der goldene Handschuh by Heinz Strunk

3.0

Natürlich habe ich Den goldenen Handschuh nur deshalb gelesen, weil mir der Trailer zum gleichnamigen Film äußerst vielversprechend und stilistisch ansprechend schien. Das alte Ideal also: erst lesen, dann gucken.

Strunk's vermeintliches "Meisterwerk" ist freilich ein durchaus kurzweiliges Vergnügen. Leicht und schnell erschlossen, kann es für angenehm beunruhigende Aufmunterung im ansonsten eher konstruktiv oder romantisch gefärbten Lesealltag sorgen. Ein Meisterwerk ist Der goldene Handschuh aber freilich keinesfalls!

Das horrende Potential, die mentale Verwahrlosung eines alkoholkranken Unterschichtlers hin zum Triebtäter am Beispiel Fritz Honka's wurde, behaupte ich, nur spärlich ausgeschöpft. Einem Verfall solcher Coleur kann man sich nicht nur psychoanalytisch, sondern auch auf gesellschaftskritische Weise in famosem Tiefgang nähern. Dies bleibt uns Strunk leider über weite Strecken schuldig.

Hinzu kommen andere, sehr willkürlich wirkende Charaktere, die wohl so etwas wie ein identifikables (?) Pendant zu Honka bilden, den Roman für den gemeinen Spiegel-Leser leichter verdaulich machen sollen. Ich weiß es nicht. Gegen Episodenhaftigkeit* ist nichts einzuwenden. Hier jedoch bleiben die weiteren handelnden Figuren blasse Sidekicks, die nicht recht in das sich anbahnende Unheil passen wollen.

Alles in allem bin ich von Strunk's letztem Streich bedauerlicherweise eher enttäuscht. Auch wenn gewiss schon von Anfang an nicht mit einem deutschen American Psycho zu rechnen gewesen war. Mehr Tiefe, Mut zur Perversion, mehr Schrulligkeit hätten Dem goldenen Handschuh gut zu Gesicht gestanden. Nun, vielleicht sagt mir die Verfilmung dieses Mal ja mehr zu.

(*Einige Rezensenten hier behaupten, der Roman habe keine richtige Handlung. Das ist natürlich absoluter Unsinn. Es handelt sich hierbei um einen episodenhaften, vielleicht sogar konkret um einen Episodenroman, in welchem Handlungen nicht klassisch linear dargeboten werden müssen. Dass manche Leser lediglich aufgrund eines nicht alltäglichen (?) Stils dem Roman gleich jegliches inhaltliche Konzept absprechen, deutet einmal mehr auf grassierenden Dilettantismus hin.)