A review by kroppzeugvertilger
Berge des Wahnsinns by H.P. Lovecraft

2.0

Ach, es ist aber auch ein Kreuz mit dem Hans-Peter!

Besteht der Reiz der Lovecraftschen Mythologie doch vor allem in ihrem Mystizismus und ihrer morbid-okkulten Tiefe, empfinde ich seine Werke selbst - zumindest bislang - als äußerst unbefriedigend.

Die Berge des Wahnsinns leiden an dem, was die meisten Leser Lovecraft's vermutlich am faszinierendsten finden: Dokumentationscharakter und ein Erzählstil im wissenschaftlichen Duktus. Doch wie, so frage ich mich, soll überhaupt so etwas wie Horror, Entsetzen und Abscheu - von mir aus auch nur Grusel - entstehen, wenn das angebliche Grauen in aller Nüchternheit abgearbeitet wird? Die in hiesiger "Horrorgeschichte" vor allem behandelten Alten Wesen werden in allen nur erdenklichen Facetten erläutert, sei es in puncto (freilich erfundener) Quasi-Historizität, Lebens- und Essgewohnheiten, Kunst & Kultur und dergleichen mehr, dass ein vermeintlicher Horror, welcher mittels zahlreicher mal mehr, mal weniger origineller Adjektive stets präsent sein soll, faktisch nicht erzeugt wird. Entsetzen und Suspense manifestieren sich doch gerade aus dem Unwissen über dies heraus, wovon man nicht weiß, was es ist und woher es kommt. Also eigentlich genau der Effekt, welcher der übergeordneten Mythologie innewohnt - bis man sich näher mit ihr befasst. Die Berge selbst sind sodann kaum mehr als ein wenig spannender Exkursionsbericht mit archäologischer Attitüde, ohne nennenswerte Dramatik und dümpelnder Charakterzeichnung.

Einzig die Metaebene bleibt interessant. Dass der Ich-Erzähler trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse über das Leben der Alten Wesen, deren Friedfertigkeit, Kunstverständnis und Lieblings-Late-Night-Show kaum bzw. erst kurz vor Ende imstande ist, Abscheu, Ekel und Feindseligkeit abzulegen, lässt auf Lovecraft's eigenen regen Rassismus schließen. Zudem darf das Erschaffen einer vormenschlichen Hochkultur zu Erden durchaus als Flucht vor (wirklichen) wissenschaftlichen Fortschritten, der Moderne selbst und dem Disput zwischen dem Menschen als vermeintlicher Krone der Schöpfung und seiner universellen Nichtigkeit verstanden werden.

Ich werde darob das Gefühl nicht los, dass Lovecraft heuer vor allem um seiner selbst Willen gefeiert wird. Wer Lovecraft liest, sichert sich quasi nicht nur die Rückendeckung unzähliger subkultureller Referenzen, er läuft auch nicht Gefahr, sich mit Stephen King die Blöße zu geben. Sei es wie es sei, ich werde dem hageren Herrn aus Providence zweifelsfrei noch die eine oder andere Chance einräumen. Ich weiß nur nicht recht, warum.