A review by kroppzeugvertilger
Solaris by Stanisław Lem

5.0

Lem wird einmal mehr dem Universum gerecht: Solaris ist düster, ruhig, hier und da nicht fassbar, aber immer auch ereignisreich. Nur spielen sich diese Ereignisse auf eine ungewisse, Koketterie-freie Weise ab.

Lem's Erzählstil ist pragmatisch; aber genau deshalb ist er auch so überzeugend. Eine derart hohe Dichte, basierend auf der förmlichen Greifbarkeit des Bedrohlichen, der Zerrüttung der handelnden Figuren und nahezu LSD-geschwängert anmutenden Beschreibungen, habe ich selten erlebt. Für ein paar Tage war ich auf Solaris, habe ich nicht verstanden, was vor sich geht, zweifelte ich an mir und versuchte ich vergeblich das Wesen, den Ozean, zu verstehen.

So wundert es auch nicht, dass Lem's wohl bekanntestes Werk zwar im SciFi-Genre angesiedelt, eigentlich jedoch ein anspruchsvoller, existenzialistischer Roman ist, der sowohl bei der Psychologie als auch der Metaphysik aus den Vollen schöpft.

Solaris ist pure Kunst. Das zeigt sich vor allem darin, dass es dem Leser eine individuelle Interpretation förmlich abzwingt. Hier ein Versuch:
Der Ozean ist eine Metapher auf die Menschheit, die erschafft, (künstlich) produziert und (sich) reproduziert, jedoch jede Kreation auch wieder untergehen lässt. Wäre die Hauptfigur ein außerirdisches Wesen, würde es den Menschen betrachten und erforschen, ihn in seiner grundsätzlichen Intelligenz, nicht aber sein Wesen (Essenz) verstehen. Der Mensch im Universum wird zum Objekt, partikular, selbstbestimmt und unbedeutend.

Ein herausforderndes, wegweisendes, tolles Werk! Und ganz bestimmt nicht mein letzter Lem.