A review by kroppzeugvertilger
Tschick by Wolfgang Herrndorf

4.0

Dass sich bei Herrndorf's Tschick über einen Mangel an Realitätsnähe echauffiert wird, ist nicht nur unangebracht, sondern höchst albern. Es handelt sich um einen literarischen Roadmovie, der sich - nicht notwendigerweise unikater - Mittel bedient, genau den Effekt zu erzielen, der auch schon andere Jugendromane vor ihm ausmachten: Dem Verlassen der Norm. Und dies gelingt Tschick mit Sicherheit famos.

Gleichermaßen ist es Quatsch, sich herablassend darüber zu äußern, Herrndorf würde daran scheitern, Jugendsprache darzustellen. Ich möchte gerne mal erleben, dass es jemandem gelingt, die eine Jugendsprache, die ohnehin ständig soziokulturell vor sich hin morpht, zusammenzufassen.

Nein, Tschick ist ein ganz und gar sympathisches Buch, welches imstande ist, den maturen Leser nostalgisch an längst vergessene Klassenfahrten oder den ersten spontanen Suff mit Freunden denken zu lassen. Dazu braucht es keine Authentizität. In seiner Episodenhaftigkeit vermittelt es ferne Gefühle, abstruse Emotionen, die dem abstrakten Effizienzalltag zuwider laufen. Und hierin liegt seine Stärke.

In dieser Episodenhaftigkeit liegt aber auch seine einzige Schwäche: Diese Serie an absurden Ereignissen, Zufällen und Unglaubwürdigkeiten macht so viel Spaß, dass man ohne Weiteres noch 300 Buchseiten mehr goutieren möchte. Mindestens.

(Wenn man einen der Hauptcharaktäre dann auch noch ohne großes Gewese schwul sein lässt, dann ist das einfach nur richtig und sinnig.)